Der unvermeidliche Wandel: Warum die Zukunft des Energiemanagements API-First sein wird

Einleitung

Unsere Häuser verändern sich. Mit Solarpaneelen auf dem Dach, einem Elektroauto in der Garage und smarten Thermostaten an den Wänden wird unser Umgang mit Energie zunehmend persönlicher. Doch diese neue Realität wirft eine entscheidende Frage auf: Wie lassen sich all diese intelligenten Geräte am besten mit dem größeren Energiesystem vernetzen?

Lange Zeit lautete die Antwort: über eine physische „Gateway“-Box. Doch mit dem technologischen Fortschritt rückt ein einfacherer, softwarebasierter Ansatz auf Basis von APIs in den Mittelpunkt. Um zu verstehen, was dieser Wandel für unser Zuhause bedeutet, haben wir mit Sebastian Magri, dem CTO von Podero, gesprochen. Er erklärt, warum der Abschied von zusätzlicher Hardware nicht nur ein Trend ist, sondern ein entscheidender Schritt hin zu einer intelligenteren, benutzerfreundlicheren Energiewelt für alle.

Früher bedeutete die Anbindung von Energietechnik die Installation eines physischen Gateways. Warum erleben wir jetzt den Wandel hin zu einer API-first-Welt?

Sebastian: Das alte Gateway-Modell war eine großartige Lösung für ein reales Problem – es erlaubte uns, ganz unterschiedliche Geräte miteinander zu verbinden, die ursprünglich nie dafür ausgelegt waren, dieselbe Sprache zu sprechen. Aber die Welt hat sich weiterentwickelt.

Das Wachstum im Bereich der Haustechnik für Energie ist schlicht atemberaubend. Man muss sich nur Folgendes vor Augen führen: Über 60 % aller privaten Solaranlagen in der EU wurden in den letzten fünf Jahren installiert – und bei Ladegeräten für Elektroautos sowie bei Wärmepumpen sehen wir genau denselben Trend. Der Kernpunkt ist: Die meisten neuen Geräte werden heute bereits mit moderner, standardisierter Technologie gebaut.

Wir sind über die ,Wildwest-Phase‘ hinaus. Heute ist ein Hardware-Gateway zu installieren, als würde man im Glasfaserzeitalter noch auf ein Modem mit Einwahlverbindung bestehen. Das ist ein veralteter Schritt – und die Kosten trägt in der Regel der Kunde.

Das leuchtet ein, aber was ist mit den Millionen von Hausbesitzern, die bereits ältere Wechselrichter besitzen? Es wirkt wenig realistisch zu erwarten, dass sie sich nur deshalb ein neues Gerät anschaffen, weil ihres nicht API-kompatibel ist. Gehen wir da nicht das Risiko ein, einen großen Teil des Marktes auszuschließen?

Sebastian: Das ist zweifellos die große Frage. Und seien wir ehrlich: Kein Hausbesitzer wird einen einwandfrei funktionierenden Wechselrichter einfach wegwerfen, nur weil wir es verlangen. Das verstehen wir. Aber die Realität ist: Der Markt bewegt sich längst von selbst weiter. Die meisten Geräte, die sich wirklich gut für diese neuen Energiedienste eignen, sind ohnehin relativ neu – in der Regel innerhalb der letzten sieben Jahre installiert.

Hinzu kommt, dass Regierungen und Energieversorger attraktive Förderungen für ein Upgrade anbieten. In Österreich zum Beispiel können Hausbesitzer bis zu 50 % der Kosten erstattet bekommen, wenn sie einen alten Wechselrichter gegen ein neues Modell austauschen. Deshalb können wir zwar nicht jedes alte Gerät von Anfang an unterstützen, aber das Problem löst sich quasi von selbst. Die finanziellen Anreize machen die Entscheidung für viele leicht – und so gelangen sie automatisch in diese moderne, API-fähige Welt.

Wir lesen immer häufiger von Cyberangriffen auf die Energieinfrastruktur. Aus Sicht eines Energieversorgers: Wie schneidet ein API-first-Modell im Vergleich zu Hardware-Gateways ab? Für manche ist es überraschend, dass eine Cloud-Verbindung sicherer sein könnte als eine Box im eigenen Haus.

Sebastian: Es stimmt, es wirkt auf den ersten Blick etwas ungewohnt. Aber letztlich geht es darum, das gesamte Sicherheitsthema zu vereinfachen und klarzustellen, wer wofür verantwortlich ist.

Natürlich kann jedes vernetzte Gerät eine potenzielle Schwachstelle sein. Aber überlegen wir, was passiert, wenn man ein zusätzliches Gateway eines Drittanbieters einführt: Man setzt eine weitere Box ins Netzwerk, mit eigener Software, die jemand aktuell halten muss. Wenn eine Sicherheitslücke entdeckt wird – wer ist dann zuständig für das Update? Der Kunde? Der Installateur? Wir? Das wird sehr schnell zum organisatorischen Albtraum, insbesondere wenn tausende solcher Boxen draußen im Einsatz sind. Jede einzelne ist eine potenzielle Eingangstür für Angreifer.

Der API-Ansatz beseitigt das Risiko zwar nicht völlig, reduziert es aber erheblich und macht die Verantwortlichkeiten klarer. Wir fügen kein zusätzliches vernetztes Gerät hinzu, sondern nutzen die sichere Verbindung, die der Hersteller ohnehin für seine eigenen Apps und Dienste vorgesehen hat. Und diese Hersteller verabschieden sich zunehmend von alten, unsicheren Protokollen und setzen auf dieselben bewährten Web-Standards, die auch Dinge wie Online-Banking absichern.

Damit liegt die Verantwortung für Sicherheit genau dort, wo sie hingehört: beim Hersteller. Er verfügt über die Expertenteams und die Infrastruktur, um Bedrohungen im Rahmen seiner Service-Garantien zu bewältigen. Taucht eine Sicherheitslücke auf, wird sie einmal zentral behoben – und sofort ist die gesamte Geräteflotte geschützt. Für einen Energieversorger ist das ein echter Wendepunkt: Man muss keine Techniker losschicken oder Kunden zu manuellen Updates auffordern. Es gibt eine klare Zuständigkeiten und eine deutlich kleinere „Angriffsfläche“, um die man sich sorgen muss. Das ist schlicht ein saubererer, modernerer Ansatz für Sicherheit.

Das ist ein sehr klares Argument. Aber abgesehen von der Sicherheit – was ist mit dem klassischen Einwand, dass Hardware einfach zuverlässiger ist? Wie antworten Sie Ingenieuren, die davor zurückschrecken, sich bei geschäftskritischen Diensten auf die Cloud eines Herstellers zu verlassen?

Sebastian: Diese Perspektive kann ich gut nachvollziehen – insbesondere von Fachleuten mit Erfahrung in der industriellen Steuerung, wo physische Verbindungen das Maß aller Dinge sind. Die Realität in diesem Bereich sieht jedoch anders aus. Die Zuverlässigkeit einer API-Verbindung wird durch das Service Level Agreement (SLA) des Geräteherstellers abgesichert. Das bedeutet, sie garantieren Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit.

Wenn wir ihre API nutzen, profitieren wir von den enormen Investitionen, die diese Hersteller in Infrastruktur und Zuverlässigkeit gesteckt haben. Würden wir stattdessen unser eigenes Gateway installieren, läge die Verantwortung bei uns: Wir würden einen zusätzlichen potenziellen Ausfallpunkt schaffen – und zugleich eine weitere Supportlast, sowohl für uns als auch für den Energieversorger.

Aus geschäftlicher Sicht vereinfacht ein API-first-Ansatz alles. Für uns bei Podero heißt das: weniger Logistik, und unsere Ingenieure können sich auf das konzentrieren, was wirklich zählt – großartige Software zu entwickeln und kontinuierlich weiterzuentwickeln, statt Hardware-Probleme zu beheben. Für die Branche bedeutet es, dass Hersteller verstärkt auf offene Standards wie SG-Ready und OpenADR setzen. Und für Energieversorger ist der Unterschied beim Kunden-Onboarding enorm: Mit Hardware beginnt nach der Anmeldung eine ganze Reihe an Logistik – das Gerät muss konfiguriert, verschickt, entgegengenommen und korrekt ins Heimnetz eingebunden werden. Dieser Prozess dauert oft Tage oder sogar Wochen. Mit einer API hingegen kann derselbe Kunde in wenigen Minuten angebunden werden. Nahezu sofort. Diese Geschwindigkeit bedeutet schnelleres, kostengünstigeres Onboarding und eine massive Reduktion von Support- und Compliance-Aufwand.

Und zum Schluss: Was ist das entscheidende Argument für den Endkunden? Warum sollte er sich über diesen Wandel freuen?

Sebastian: Für den Endkunden lässt sich das auf drei Punkte herunterbrechen: Es ist günstiger, einfacher und sicherer. Es fallen keine Installationskosten für zusätzliche Hardware an. Die Einrichtung ist ein einfacher, sicherer digitaler Handshake, den man in wenigen Minuten selbst erledigen kann. Und – wie wir gerade besprochen haben – bekommen die Nutzer die Sicherheit, dass ihre Daten von den Experten geschützt werden, die ihr Elektroauto oder ihre Wärmepumpe entwickelt haben, mit klaren Datenschutzkontrollen, die sie selbst verwalten können.

Letztlich passt das perfekt zu der Richtung, in die sich das Smart Home bewegt. Wer möchte, dass sein Elektroauto mit überschüssigem Solarstrom intelligent geladen wird, braucht Geräte, die dieselbe Sprache sprechen. APIs sind diese Sprache. Wir verbinden nicht einfach nur ein Gerät – wir integrieren es in ein intelligenteres, effizienteres Zuhause-Ökosystem.

Noch ein letzter technischer Punkt: Manche äußern Bedenken, dass Hersteller-APIs möglicherweise nicht schnell genug reagieren, um an Flexibilitätsmärkten teilzunehmen. Wie gehen Sie damit um?

Sebastian: Das ist ein berechtigter Einwand – allerdings nur für eine sehr spezifische Gruppe von hochfrequenten Diensten. Unser Ansatz ist pragmatisch: Wir setzen nur Anwendungsfälle um, die auch wirklich zu den technischen Möglichkeiten einer bestimmten API passen.

Noch wichtiger ist jedoch: Das ist ein vorübergehendes Thema. Wir stehen in ständigem Austausch mit den Herstellern, liefern Daten und konkrete Use Cases, die den wachsenden Bedarf an niedrigeren Latenzzeiten – also schnelleren, reaktionsfähigeren Verbindungen – verdeutlichen. Je klarer der Wert von Flexibilitätsdiensten wird, desto stärker steigt auch der Anreiz für Hersteller, die Performance ihrer APIs zu verbessern. Und falls sie es nicht tun, werden ihre Wettbewerber es unweigerlich tun.

Es ist ein Prozess, aber die Richtung ist eindeutig: Das Gateway gehört der Vergangenheit. Die API ist die Gegenwart – und die unumstößliche Zukunft.

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